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Wie optimale Stellenanzeigen gezielt Bewerber ansprechen

Updated: Aug 21, 2019

Wie lassen sich kostengünstig vielversprechende Talente aufspüren und als Mitarbeiter gewinnen? Beim Thema Recruiting stehen Personalverantwortliche häufig vor schwierigen Entscheidungen. Dabei sind auch 2018 Stellenanzeigen immer noch die beliebteste Recruitingstrategie deutscher Unternehmen. Aber wie genau sollte die Stellenanzeige aussehen? Und welchen Einfluss haben Formulierungen und Inhalt der Anzeige auf die Qualität und Vielfalt der Bewerber? Bei der Suche nach der optimalen Jobbeschreibung bieten Ergebnisse aus der Sozialforschung innovative Erkenntnisse. Und dank der fortschreitenden Digitalisierung im HR-Bereich lassen sich potentielle Strategien heutzutage im spezifischen Unternehmenskontext testen.


Konkrete Informationen zur Stelle steigern die positive Wahrnehmung seitens der Bewerber


Eine klassische Abwägung beim Erstellen von Stellenanzeigen ist die Frage, wie konkret die offene Stelle beschrieben werden soll. Unspezifische Beschreibungen bieten den Vorteil einen größeren Talentpool anzusprechen. Das erhöht zwar die Chancen einen geeigneten Kandidaten zu finden, kann jedoch zu erhöhten Kosten für das Unternehmen führen.

Daniel Feldman und Koautoren versuchen dieser Abwägung in einer Studie empirisch auf den Grund zu gehen. In einem Experiment mit 272 Studenten erhalten die Teilnehmer verschiedene Stellenanzeigen und bewerten diese mithilfe eines Fragebogens. Dabei variieren die Forscher die Stellenausschreibungen in Hinblick auf den Detaillierungsgrad der Informationen zum Unternehmen (z.B. Beschreibung von Sektor und Kunden), zur besetzende Stelle (z.B. Nennung konkreter Aufgaben und Weiterentwicklungsmöglichkeiten) und zum Arbeitsalltag (z.B. Informationen zu Gehaltsspanne und Reisetätigkeit). Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass konkrete Informationen zur besetzenden Stelle die größte Wirkungskraft besitzen. Insbesondere steigern diese Details die Wahrscheinlichkeit, dass Kandidaten die Stelle als passend ansehen. Obwohl sich die Ergebnisse dieses Experiments nicht einfach so direkt auf die Praxis übertragen lassen, bietet die Studie wichtige Ansatzpunkte zu potentiellen Variierungsmöglichkeiten von Stellenanzeigen.


Durch kleine Veränderungen der Stellenbeschreibung zu mehr Mitarbeitervielfalt


Wie genau sich die verschiedenen Elemente von Jobbeschreibungen auswirken, zeigt die Forschung von Elizabeth Linos. In einem Feldexperiment in Bezug auf Polizeirecruiting in den USA untersucht Linos wie eine größere Vielfalt an potentiellen Kandidaten angesprochen werden kann ohne die Qualität der Bewerber zu reduzieren, eine Frage die schon lange die Forschung umtreibt (siehe z.B. Thomas und Wise, 1999). Das Ziel des Experiments ist die Erhöhung der Mitarbeitervielfalt im Polizeidienst, um eine bessere Repräsentation der Bevölkerung zu erreichen und so die Polizeiarbeit zu verbessern. Linos ist überzeugt, dass verschiedene Jobeigenschaften bestimmte Bewerbertypen ansprechen können ohne Auswirkungen auf andere Bewerber zu haben. Dies führt zu einer gewissen Selektion der Bewerber, die gezielt vom Unternehmen durch die Formulierung der Stellenanzeige gesteuert werden kann. Dabei sollten Unternehmen Jobbeschreibungen so aufsetzen, dass sie angestrebte Mitarbeitertypen zur Bewerbung motivieren.

Die Ergebnisse der Studie, bei der Postkarten mit verschiedenen Jobbeschreibungen an rund 20.000 potentielle Bewerber verschickt wurden, zeigen, dass selbst kleine Veränderungen der Formulierung großen Einfluss auf die Bewerbervielfalt besitzen. Jobbeschreibungen, die betonen, dass der Job eines Polizisten gut für Kandidaten geeignet sei, die sich nach beruflichen Herausforderungen sehnen, erhielten die meisten Bewerbungen. Im Fall von Bewerbern aus Minderheitengruppen (z.B. Frauen oder Afroamerikaner) waren Jobbeschreibungen, die persönliche Karierevorteile hervorhoben, am erfolgreichsten. Damit zeigt Linos, wie das Austauschen eines Satzes bei der Stellenbeschreibung bestimmte Kandidatentypen motivieren konnte, sich zu bewerben. Dabei konnte keine Verschlechterung der Bewerberqualifikation festgestellt werden. Obwohl die konkreten Formulierungsmöglichkeiten in der Praxis stark vom Kontext des Unternehmens und der zu besetzenden Stelle abhängen, hebt diese Studie das große Potential von gezielten Stellenbeschreibungen hervor.


Dank Digitalisierung im HR-Bereich lässt sich die Wirkungskraft von Anzeigen untersuchen


Eine wichtige Frage, nicht nur in der Forschung, ist, wie Unternehmen in der Privatwirtschaft ihre Mitarbeitervielfalt erhöhen können. Da immer mehr Unternehmen über große Datenmengen verfügen ist es heutzutage problemlos möglich, die Wirkungskraft von bestimmten Jobbeschreibungen auf verschiedene Bevölkerungsgruppen zu testen. Plant ein Unternehmen beispielsweise eine Umstellung bestimmter Stellenanzeigen, kann durch gezieltes Messen und dank moderner, empirischer Methoden der Einfluss bestimmter Formulierungen auf Selektion und Qualität der Bewerber überprüft werden. Dabei empfiehlt es sich für Unternehmen genau zu prüfen, welche Mitarbeitertypen passend für die zu besetzende Stelle wären. Das Variieren der Formulierungen erlaubt daraufhin die Analyse, welche Art von Jobeigenschaften diese Mitarbeitertypen am effektivsten anzieht. Jedoch ist die Vergrößerung des Talentpools nur ein erster Schritt. Denn nur falls die Bewerber es durch das Auswahlverfahren schaffen, hat die Stellenanzeige Erfolg.


Von Ingrid Hägele und Florian Englmaier


Ingrid Hägele forscht im Rahmen ihrer Promotion in Economics an der University of

California, Berkeley. Ihre aktuellen Forschungsprojekte beschäftigen sich vor allem mit der Frage, wie Mitarbeitervielfalt in Unternehmen durch kleine Veränderungen von HR-Prozessen gefördert werden kann. Als Data Scientist kombiniert sie dabei Erkenntnisse aus der Sozialforschung mit modernen Analysetechniken wie Data Mining und Text Analysis Tools.


Literatur

Daniel C. Feldman, William O. Bearden und David M. Hardesty. 2006. Varying the content of job advertisements: The effects of message specificity. Journal of Advertising 35:123–41.


Elizabeth Linoz, More Than Public Service: A Field Experiment on Job Advertisements and Diversity in the Police. Journal of Public Administration Research and Theory, 2018, Vol. 28, No. 1


K. M. Thomas, und P. G. Wise (1999). Organizational attractiveness and individual differences: Are diverse applicants attracted to different factors? Journal of Business and Psychology, 13, 375–390.

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